Gebhard Keckeis | ENERGIEWERKSTATT
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Pressemitteilung | Bürs, am 12.09.2018 | Download Pressemitteilung EnergieWerkstatt vom 12.09.2018



Die Sonne einführen ist eine neue und gebieterische Aufgabe des Architekten.

⟨Le Corbusier⟩


Sonnenarchitektur zu Ende gedacht

Einzigartiges Gewerbe-Pilotprojekt Metzler-Naturhautnah in Egg rund ums Jahr solar betrieben

Innovativ und zukunftsweisend ist es erstmals einem Vorarlberger Investoren-, Architekten- und Energieexperten-Team gelungen, einen komplexen Produktionsbetrieb rund um das Jahr ausschließlich mit selbst erzeugter Solarenergie zu betreiben. Dabei wurde mittels modernster Technologie mehr Energie erzeugt, als zur Heizung, Lüftung oder Warmwassererzeugung für die neuen Produktions- und Büroräumlichkeiten des experimentellen Pilotprojektes "Naturhautnah" verbraucht wird. Die Baukosten des neuen Stahl-Beton-Massivbaus belaufen sich auf rund drei Mio. Euro. In diesem Betrag enthalten sind sämtliche Anlagen der Solarenergie- und Heiztechnik mit einem Wert von rund 240.000 Euro. Das entspricht acht Prozent der verbauten Gesamtsumme.


Mit diesem - wegen seiner Größe und Kompromisslosigkeit - derzeit einmaligen Experimentalbau stießen die Solar-Pioniere aus Vorarlberg in eine neue Dimension der Sonnenenergienutzung vor, deren Konzept sich prinzipiell auf jedes andere Architekturprojekt übertragen lässt. Bauherr des multifunktional genutzten Neubaus ist der in Egg (Bregenzer Wald) ansässige Landwirt und Produzent von Milch- und Pflegeprodukten, Ingo Metzler.

Für die Architektur des Gebäudes zeichnet Baumeister Christian Lässer aus Lustenau verantwortlich. Der in Bürs ansässige Solarenergie- / Sonnenhaus-Spezialist und Gründer der "EnergieWerkstatt", Gebhard Keckeis, entwickelte das technische Konzept für das zukunftsorientierte Betriebsgebäude.

Der Geist des Ortes

Umgeben von einer bezaubernden Naturlandschaft wird der Bergbauernhof der Familie Metzler in Egg nunmehr seit vier Generationen bewirtschaftet. Ursprünglich auf Landwirtschaft sowie auf die Herstellung von Käse aus Kuh- und Ziegenmilch spezialisiert, bereichert heute mit der Verarbeitung der bei der Käseproduktion anfallenden Molke zu hochwertigen Pflege- und Kurartikeln ein weiterer naturnaher Herstellungsbereich das Gesamtsortiment. 36 Mitarbeiter machen die Metzler Käse-Molke GmbH jetzt zu einem florierenden, ganz auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ausgerichteten mittelständischen Unternehmen.

Situiert ist das großflächige Anwesen auf einer von Kiessedimenten geformten Südhangstufe der Bregenzerache, welche - von zahlreichen lokalen Quellen gespeist - die Hauptwasserader der alpinen Landschaft des Bregenzerwaldes bildet. Hier umschließen ein 200-jähriges hölzernes Wirtschaftsgebäude samt Wohnteil und Kuhstall, das in der 1980er Jahren im Tiroler Stil errichtete Wohnhaus der Familie sowie der 2016/17 erbaute, modern in Erscheinung tretende Neubau dreiseitig den zentralen Hofraum.

Das architektonische Konzept

Das neue, auf drei Ebenen organisierte Betriebsgebäude mit seinen großen, transparenten Räumen und einer geräumigen Besuchergalerie präsentiert sich auf einer Grundfläche von 50 x 23 m als klassischer Stahl-Beton-Bau, der mit einer Kubatur von rund 14.000 m³ über die - für das Pilotprojekt erforderliche - große Speichermasse verfügt.

Längsseitig geschlossen und frontal transparent verleiht die vorgehängte Holzfassade aus unterschiedlich langen Lärchenholzlatten dem Volumen seinen unverwechselbaren Charakter, der stilsicher und harmonisch die Bautradition des Bregenzerwaldes fortsetzt. Das extensiv begrünte Flachdach gibt der Natur die durch den baulichen Eingriff versiegelte Grundfläche zurück und dient zugleich als Retentionsfläche für Regenwasser. Ferner kühlt die gewählte Bedachung im Sommer die darunter liegenden Räume ab, während sie im Winter als Wärmeschutz fungiert.

Um die behördlicherseits vorgegebene Bauhöhe einhalten und das 13 m hohe Hochregallager in den Neubaukörper integrieren zu können, musste die Hälfte des Gebäude rund sieben Meter tief in den Boden versenkt werden. Eine weiße Wanne schützt dabei den unteren Teil des Baukörpers vor dem - nach der Bautätigkeit renaturierten - Quellwasser des Hanges.

Das Raumprogramm des stark strukturierten und dabei hell, transparent sowie übersichtlich gestalteten Neubaus umfasst die miteinander verbundenen Bereiche Produktion, Hochregallager, Materiallager für die Produktion, die An- und Auslieferung, das Kommissionierungslager, einen Toilettentrakt, die Sozialräume und das Labor. Funktionsgerecht angeordnet, bilden diese Raumzonen eine Einheit, in der kurze Wege sowohl den Mitarbeitern als auch dem jährlich rund 10.000 Personen starken Besucherstrom den Ein- und Überblick erleichtern.

Anders als die meisten üblichen Hochregallager zeigt sich dieses natürlich belichtet und bis ins Detail einsehbar. Gefertigt wurde es aus heimischer Tanne. Dabei verfügt es über 1.100 Palettenplätze, die von den Bedienungsgeräten navigationsgesteuert angefahren werden.

Das technische Konzept

Mit dem im Metzler-Neubau "Naturhautnah" realisierten Energiekonzept wurde die vom Bauherrn vertretene Philosophie, für seine Produkte ausschließlich Naturstoffe effizient und nachhaltig einzusetzen, konsequent zu Ende gedacht. Dementsprechend wird nun auch der dafür erforderliche elektrische Strom samt Wärme zur Gänze naturnah und umweltfreundlich erzeugt. Die volle Inbetriebnahme des experimentellen Pilotprojektes erfolgte im Sommer 2017.

Die seither gewonnenen Erfahrungen sowie ein dokumentiertes Monitoring belegen, dass das verwirklichte Anlagenkonzept funktioniert und sich jederzeit auf andere Industrie- und Gewerbebauten oder Gebäude des sozialen Wohnungsbaus übertragen lässt. Voraussetzung dafür ist, dass Bauherr, Architekt und Energieplaner von Anfang an eng kooperieren und so der Spezifität des Projektes flexibel gerecht werden. Dass dies bei dem vorliegenden Projekt optimal gelungen ist, zeigt der Umstand, dass mit dem verwirklichten Konzept nicht nur der Energiebedarf des Neubaus, sondern auch jener des alten Betriebsgebäudes rund ums Jahr abgedeckt werden kann.

Die ca. 1.700 m² große Nutzfläche des Gebäudes wird heute ganzjährig mittels Solarthermie, Fotovoltaik, Energiespeicher und Wärmepumpe energetisch versorgt. Dabei fängt die technisch verbesserte, netto 133 m² große und aus einem einzigen Konstrukt bestehende Kollektoranlage die Sonnenenergie auf und verteilt diese - mittels Bauteilaktivierung - auf die Betonböden des Gebäudes.

Für diesen Wärmetransfer wurden rund 10.000 m lange und 16 mm starke - mit einer Glykolmischung gefüllte - Kupferrohre im Baukörper verlegt. Zugleich speichert ein 860 m³ großer, unter der Betonplatte des Bauwerks angeordneter Hochleistungsspeicher aus Schotter den im Sommerhalbjahr anfallenden Energieüberschuss. Dieser wird - phasenverschoben - im Winter für die Lüftung des Produktionsbereiches, für die Raumwärme des Gebäudes sowie die Prozesswärme abgerufen und zur Verfügung gestellt.

Eine weitere, spezielle Innovation des Projektes stellt die von Gebhard Keckeis und dem Lauteracher Anlagenspezialist ENGIE Kältetechnik eigens entwickelte und in das Energiesystem eingebundene Sole-Wärmepumpe dar, die sich die im Schotterbett unter dem Gebäude gespeicherte Solarwärme für einen verbesserten Wirkungsgrad im Winter zunutze macht. Den Strom zum Betrieb der Pumpe erzeugt eine Fotovoltaik-Anlage, die - wie der Sonnenkollektor - eine energetische Überbilanz generiert.

Auf der Basis dieses Konzeptes können Raumklima und Temperatur nicht nur im Sommer sondern auch im Winter behaglich konstant gehalten werden. Gleiches gilt für die Raumluftfeuchte von etwa 40 Prozent. Es entsteht kein Schimmel. Durch die Bauteilaktivierung - als Wärmespeicher - wird Raum gespart. Zugleich bleibt die Leistungsfähigkeit des Systems über Jahre hinweg erhalten und benötigt keine Entsorgung. -ufo-


Zahlen - Daten - Fakten

Neubau Multifunktionsgebäude
Metzler "Naturhautnah", Egg


Bauherrschaft:    Ingo Metzler, Metzler Käse-Molke GmbH, Egg (Bregenzerwald)
Architekturplanung: Bmst. Christian Lässer, Planungsbüro Lustenau
Technikplanung:  Gebhard Keckeis, EnergieWerkstatt, Bürs
Grundfläche Neubau: 50 x 23 m
Höhe Hochregallager:    13 m
Anzahl der Paletten: 1.100
Kubatur: ca. 14.000 m³
Strombedarf für den Betrieb der Anlage:    12.350 kWh/a
Als Speicher genutzte Baumaße: ca. 1.300 m³
Schotterspeicher unter dem Gebäude: 860 m³
Länge der verbauten Kupferrohre: insgesamt ca. 10.000 m,
davon 4.500 Lfm im Schotterspeicher und 5.500 Llfm in den Böden des Neubaus
Kollektorfläche: 133 m² (netto),
144 m² (brutto)
Baukosten: ca. 3 Mio. Euro
Technische Anlagenkosten: 240.000 Euro
Baugbeginn: Frühjahr 2016
Fertigstellung: Frühjahr 2017
Vollbetrieb: ab Sommer 2017


Gewinner des Österreichischen Solarpreises 2018: Solares Energiekonzept Molkerei Metzler, Egg Bregenzerwald


Metzler Kaese-Molke GmbH Produktionsstaette in Egg